4 Medaillen für den Deutschen Ruderverband bei der EM in Varese – Rommelmann holt Silber, Deutschlandachter enttäuscht

Fotos: Detlev Seyb / DRV

 

Die Europameisterschaften 2021 in Varese finden mit dem Finaltag am Sonntag ihr Ende und gehen sicher nicht in die erfolgreichsten der deutschen Nationalmannschaft ein. Das Team tritt nun die Rückreise nach Deutschland mit vier Medaillen im Gepäck an. Großbritannien, Ausrichternation Italien und die Niederlande dominieren die EM – Deutschland findet sich mit 1x Gold, 1x Silber und 2x Bronze in der Nationenwertung auf Platz sieben wieder.

 

Enttäuschung beim Deutschlandachter
Die letzten acht Europameisterschaften konnte der Deutschlandachter für sich entscheiden. Dementsprechend groß war die Vorfreude und Motivation auf die EM. Etwas überraschend lag man nach dem Bahnverteilungsrennen am Freitag nur auf dem vierten Platz. Das Team um den Krefelder Laurits Follert agierte im Finale auf den ersten Metern zielsicher und setzte sich nach 500 Metern an die Spitze. Auch nach 1000 Metern ist es das deutsche Boot, welches weiter in Richtung Gold fährt. Doch dann folgte ein nahezu unerklärlicher Leistungseinbruch, der dafür sorgte, dass es am Ende nicht einmal für einen Podestplatz reicht. Die nächsten Wochen werden nun intensiv dazu genutzt werden an den Fehler zu arbeiten, um dann beim 1. Weltcup wieder vorne mitzufahren. CRC-Heimtrainer Markus Wöstemeyer hatte das Rennen daheim im livestream verfolgt und versuchte eine Erklärung zu finden: „Die erste Rennhälfte war sehr stark vom Deutschlandachter, vielleicht haben sie sich etwas übernommen und konnten deshalb am Ende nicht mehr gegenhalten. Es sind ja auch keine riesigen Abstände. Ich denke, dass der Deutschlandachter auch nach dieser Niederlage ein Weltklasseteam ist. Man darf nicht vergessen, dass die Briten der amtierende Olympiasieger sind und nicht Nord-Mazedonien. Auch die Niederlande haben bei den letzten Spielen in Rio eine Medaille gewonnen. Aber eine Steigerung muss natürlich her. Der Deutschlandachter geht sicherlich mit dem Anspruch in das Olympiajahr, um den Olympiasieg rudern zu wollen.“

 

Osborne / Rommelmann sichern sich Silber
Jonathan Rommelmann vom Crefelder RC hatten sich nach dem starken Auftritt im gestrigen Halbfinale zusammen mit seinem Partner Jason Osborne viel vorgenommen für das Finale. Die ersten Meter sollten dies auch umgehend bestätigen, denn das Duo kam gut vom Start weg und setzte sich von den Iren ab – die Konsequenz: die Führung. Ab der Streckenhälfte jedoch zeichnete sich das erwartete knappe Rennen gegen die Iren ab. Auf dem Weg Richtung Ziel zogen die stark-auftretende irische Kombination im LM2x an den deutschen vorbei und verweisen Osborne / Rommelmann damit auf den zweiten Platz.

Jonathan Rommelmann ist mit dem Rennverlauf zufrieden und gibt bereits einen ersten Ausblick: „Wir haben Silber geholt und sind damit mehr als zufrieden. Wir wussten, dass es gegen die Iren schwer werden wird und wir im Mittelstück gegenhalten müssen. Heute haben wir es zunächst geschafft vor Italien zu sein, der nächste Schritt bis Tokio ist dann die Iren hinter uns zu lassen.“ Auch Bootstrainerin Sabine Tschäge sieht die Entwicklung positiv: „Wir konnten die Italiener als amtierende Europameister hinter uns lassen und haben gegenüber Weltmeister Irland den Abstand verkürzt. Es bleiben noch ein paar Monate Zeit weiter zu arbeiten.“

 

Oliver Zeidler rudert zu Gold
Oliver Zeidler (Ingolstadt) ging gemeinsam mit dem Dänen Sverri Nielsen und den im Vorlauf starken Stefanos Ntouskos als einer der Favoriten in das heutige Finale. Auf den ersten Metern jedoch kam Zeidler nicht gut in das Rennen und musste zunächst die Führung der Konkurrenz überlassen, ehe er im Anschluss ab der 500 Metermarke die Führung übernahm. Ab 1000 Meter merkte man, dass Zeidler den Rhythmus immer besser fand und sich dadurch auf eine halbe Bootslänge absetzen konnte. Nach 2000 Metern ruderte Zeidler als nun zweifacher Europameister über die Ziellinie.

Nach dem Rennen gab Oliver Zeidler sich trotz des Sieges selbstkritisch: „Das Rennen heute war deutlich besser als beim letzten Aufeinandertreffen. Ich bin daher mit diesem Rennen zufrieden, mit dem Gesamtverlauf jedoch nicht.“ Zeidler spielte damit auf den Vorlauf am Freitag an, bei dem er mit dem zweiten Platz das Nachsehen hinter dem Griechen hatte und dadurch in den Hoffnungslauf am Samstag musste. Eine Ursache für die anfänglichen Schwierigkeiten fand Zeidler jedoch ebenfalls: „Nach dem Vorlauf war ich etwas unruhig. Ich muss einfach vom Kopf her ruhiger werden und darüber in meinen Rennrhythmus finden.“ Für Oliver Zeidler ist es nach 2019 der zweite EM-Titel.

 

Marcus Klemp rudert zu Bronze
Die erste Medaille der EM sicherte Marcus Klemp (Offenbacher) im paralympischen Einer dem deutschen Team. Dabei war zu Beginn nicht abzusehen, dass es am Ende noch für eine Medaille reicht. Mit einer niedrigen Schlagzahl startete Klemp in das Rennen und lag daher nach 500 Metern auf dem sechsten Platz. Doch Klemp gab sich nicht auf und merkte, dass er Distanz auf die Konkurrenz gut machen konnte. Nachdem er zunächst den Spanier und anschließend den Italiener hinter sich ließ, ging es in ein „Kopf an Kopf Rennen“ mit dem Boot aus Israel. In einem packenden Endspurt konnte sich Klemp letztendlich auf Platz drei vorschieben. Für Klemp ist es nach dem Erfolg bei der EM in Poznań das zweite europäische Edelmetall in dieser Bootsklasse.

Marcus Klemp zeigte sich sichtlich erleichtert nach dem Rennen: „Es war ein Rennen, was ich mir so nicht hätte ausrechnen können und mit dem dritten Platz bin ich jetzt natürlich sehr zufrieden.“ Para-Bundestrainer Jochen Weber ergänzt: „Das Ergebnis hat nach 500 Metern zunächst nicht danach ausgesehen, aber Marcus kam dann richtig gut in das Rennen und schaffte es am Israeli vorbeizuziehen. Bis zur Olympia Qualifikation haben wir jetzt noch ein wenig Zeit, um uns vorzubereiten.“

 

Frauen-Doppelvierer rudert zu Bronze
Das war nochmal richtig kräftezehrend für das deutsche Quartett. Im Finale zeichnete sich sehr früh ab, dass die Entscheidung am Ende zwischen den Booten aus Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien fallen wird. Nach 1000 Metern liegt der deutsche Frauen-Doppelvierer knapp auf der zwei vor den Briten und hinter den Niederlanden. Am Ende muss sich die deutsche Crew jedoch auf dem dritten Platz einreihen – die zweite Bronze-Medaille für das deutsche Team am heutigen Tag.

 

Fazit des leitenden Bundestrainer Ralf Holtmeyer
Nach den Rennen hat auch der leitende Bundestrainer Ralf Holtmeyer sich zu den Ergebnissen der EM geäußert. „Ich habe vorher schon eingeschätzt, dass wir ungefähr vier bis fünf gute Medaillenchancen haben. Die Leistung von Olli war natürlich sehr stark, die des Achters hingegen nicht so. Aber auch das müssen wir an dieser Stelle vorerst nicht überbewerten.“ Holtmeyer gab auch einen kleinen Ausblick auf den weiteren Saisonverlauf und die Olympischen Spiele. „Bis zu den Spielen sind es jetzt noch knapp drei Monate die wir nutzen können, um uns vorzubereiten. Sechs Boote haben wir bereits qualifiziert und ich hoffe, dass noch circa zwei bis drei weitere dazu kommen.“

 

Hajo Hollatz (Deutscher Ruderverband)                Markus Wöstemeyer (Crefelder Ruder-Club)

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