Fünf Medaillen für Deutschland beim letzten Weltcup vor den Olympischen Spielen – Deutschlandachter holt Gold

Der nur durch einen schmalen Landstreifen vom Mittelmeer getrennte Lago di Paola im 90 Kilometer südlich von Rom gelegenen Städtchen Sabaudia war die dritte und letzte Station des Ruder-Weltcups 2021 und gleichzeitig die letzte internationale Regatta vor den Olympischen Spielen in Tokio. Als positiv bewertete der leitende Bundestrainer Ralf Holtmeyer das Abschneiden des Deutschen Ruderverbands (DRV) in Sabaudia. Neun Boote erreichten die Finals, in denen es fünf Medaillen für den DRV gab. Der Doppelvierer der Frauen, der zu den Medaillenhoffnungen in Japan zählt, gewann ebenso Gold wie der Deutschlandachter, der allerdings nur einen einzigen Gegner hatte. Wegen der besonderen Situation durch die Corona-Pandemie hatten viele Verbände und Boote auf einen Start in Italien verzichtet.

Im Männer-Einer ging die Siegesserie von Oliver Zeidler überraschend zu Ende. Er landete nach einem spannenden Rennen hinter seinen schärfsten Konkurrenten um den Olympiasieg, Kjetil Borch (Norwegen) und Sverri Nielsen (Dänemark), auf dem dritten Platz. Für Cheftrainer Holtmeyer kein Beinbruch: „Olli hätte auch gewinnen können.“ Den Weltcup-Gesamtsieg holte sich Zeidler ebenso wie der Männer-Achter und der Frauen-Doppelvierer. Rang zwei eroberte der Doppelzweier der Frauen. Der Männer-Doppelvierer holte sich mit dem dritten Platz im Finale das benötigte Selbstvertrauen. „Ein gutes Rennen“, lobte Holtmeyer die Doppelvierer-Crew. Durch die gesammelten Medaillen gewinnt Deutschland die Nationenwertung der Weltcups.

Für die sieben Olympia-Boote des DRV geht es in dieser Woche nahtlos mit der Endphase der Vorbereitung auf Tokio weiter. In Kärnten stehen parallel zwei Trainingslager an. Die Riemen-Ruderer trainieren auf dem Stausee von Völkermarkt, die Skuller auf dem Weißensee. Nach der endgültigen Nominierung durch den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) fliegt die DRV-Mannschaft Ende Juni nach Japan, wo den Spielen ein weiteres Trainingslager in Kinosaki vorgeschaltet ist.

 

Frauen-Doppelvierer zieht beständig seine Bahn
Der Doppelvierer der Frauen ließ sich weder vom aufkommenden Wind noch vom Blitzstart der Niederlande beeindrucken. Das DRV-Boot vertraute gelassen auf seine Stärke, arbeitete sich von der zweiten Position immer näher an die Holländerinnen heran und übernahm bei der 1500-Meter-Marke erstmals die Führung. Am Ende wurde es ein sicherer Sieg, der den vier Frauen zudem auch den Pokal für den Weltcup-Gesamtsieg einbrachte. Im spannenden Finish um Silber und Bronze zogen Italien und Polen noch an den Niederländerinnen vorbei, die somit nur Vierte wurden. „Wir freuen uns, dass wir mit diesem Erfolg in die Olympia-Vorbereitung starten können“, sagte Bugfrau Daniela Schultze. Für das gestiegene Selbstvertrauen des Doppelvierers spricht, dass man in Tokio den Angriff auf den in Sabaudia fehlenden Gold-Topfavoriten wagen will. „China haben wir noch nicht abgeschrieben“, sagte die Potsdamerin Schultze. Als Ersatzfrau für den Doppelvierer stand an diesem Weltcup-Wochenende die Krefelderin Michaela Staelberg wieder parat. Auch für die Olympischen Spiele wird Staelberg als Ersatzfrau nach Tokio reisen.

 

Zeidler ist von Rang drei nicht enttäuscht
Im letzten Rennen vor Olympia ist die Siegesserie von Oliver Zeidler gerissen. Trotz eines starken Endspurts reichte es in einem knappen Foto-Finish nur zum dritten Platz hinter seinen beiden wohl größten Rivalen in Tokio, dem Norweger Kjetil Borch und dem Dänen Sverri Nielsen. Seine gewohnte Taktik, ein Rennen von der Spitze weg zu kontrollieren, konnte Zeidler in Sabaudia nicht umsetzen. Er erwischte den schlechtesten Start und musste Borch und Nielsen danach über die gesamte Distanz hinterherfahren.

Der Norweger Borch verlor nach 1500 Metern erstmals die Führung an den Dänen Nielsen, konterte aber und war im Ziel wieder vorne. Zeidler kam mit nur 35 Hundertstel Rückstand auf den Sieger ein. Für ihn kein Beinbruch: Er sei „echt zufrieden“ mit dem dritten Rang, sagte der amtierende Weltmeister. Nach drei Weltcups sei er etwas müde gewesen, die Wellen und der Wind hätten ihm nicht gelegen und dass er die beiden großen Rivalen nicht neben sich, sondern „auf Kette“ gehabt habe, sei ebenfalls nicht zum Vorteil gewesen. „Erst mal Ausruhen und dann an die Grundlagen gehen“ ist Zeidlers Vorsatz für die sieben Wochen bis Olympia. Dass er sich Gold hart erarbeiten muss, wusste er schon vor Sabaudia.

 

Korge ersetzt im Männer-Achter Schmidt
Unter besonderen Vorzeichen stand für den Deutschlandachter das Finalduell mit Italien. Mehr Achter waren wegen der Corona-Pandemie nicht am Start. Routinier Richard Schmidt setzte mit Rippenbe-schwerden vorsichtshalber aus. Für ihn kam Ersatzmann Maximilian Korge rund zweieinhalb Stunden nach seinem Zweier-Finale ins Boot und nahm den Bugplatz ein. Auf Position sieben, die sonst Schmidt besetzt, rückte Johannes Weißenfeld.

Auch in der veränderten Besetzung gelang dem Achter mit Laurits Follert vom Crefelder Ruder-Club an Bord ein ungefährdeter Start-Ziel-Sieg. Obwohl das Boot rund lief und sich Korge gut integrierte, stufte Steuermann Martin Sauer den Erfolg eher als Pflichtsieg ein und legte die Messlatte gleich wieder hoch: „Eine Länge auf Italien ist sicher nicht genug, um Olympiasieger zu werden.“ Im Trainingslager in Österreich werde man nun „Gas geben“.

Ziel war es neben der Wettkampfpraxis, auch weiter am Feinschliff zu arbeiten und „Dinge“ auszuprobieren. Trainer Uwe Bender zeigte sich nach dem Rennen insgesamt zufrieden mit dem Verlauf: „Die ersten 500 Meter waren gut, die zweiten dann nicht ganz so. Wir sind da in ein kleines Loch gefallen, welches die Italiener durch kleine Spurts ausgenutzt haben. Nach 1000 Metern haben wir uns dann jedoch auch wieder gut abgesetzt.“

Der leitende Bundestrainer Ralf Holtmeyer schätzt die Teilnahme des Achters aus einem besonderen Grund sehr wichtig ein: „Es geht darum im Wettkampfrhythmus zu bleiben. Bis zu den Spielen sind es nur noch knapp zwei Monate, was aus der Sicht der Wettkampfpraxis jedoch noch ein langer Zeitraum ist.“ Holtmeyer ergänzt jedoch auch mit Hinsicht auf die Konkurrenz: „Die Überseenationen fehlen dieses Jahr nahezu komplett, besonders in den Großbooten. Das verzerrt natürlich etwas die Einschätzung für die Olympischen Spiele. Ich denke aber, dass es auch für die nicht unbedingt von Vorteil ist.“

 

Hajo Hollatz (Deutscher Ruderverband)                Markus Wöstemeyer (Crefelder Ruder-Club)

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